von Nathalie Schopp
Das Projekt smarter befasst sich mit Kommunikation in Katastrophen. Es geht um technische, auch um juristische Machbarkeit: Verschlüsselungen, EU-Richtlinien, Schutz vor Cyber-Angriffen, Umsetzung. Am Ende steht eine Anwendung, die genutzt werden soll. Und man muss sich schon jetzt die Frage stellen: Wer wird sie nutzen? Und wor allem: Wie?
Bei smarter geht es deshalb nicht nur um Machbarkeiten, sondern auch um die Fragen, was eigentlich Kommunikation in Katastrophen ist und wie sich die Menschen im Krisenfall verhalten.
Wir wissen mittlerweile – und das ist fundiert wissenschaftlich belegt –, dass das Bild einer im Krisenfall irrational, sogar hysterisch reagierenden und hilflosen Bevölkerung falsch ist. Menschen handeln in kollektiven Ausnahmezuständen in der Regel sozial, rational und aktiv. Wir wissen auch: Der Zugang zu Informationen ist für die Selbsthilfefähigkeit der Betroffenen essenziell. Diese beiden Erkenntnisse sind die Basis für die Entwicklung der smarter-Anwendung. Eine „smarter-Kommunikation“ in einer Katastrophe würde sich radikal von bisher praktizierten Strukturen unterscheiden: Der professionelle Einsatzstellenfunk hat keine Schnittstelle zur Bevölkerung. Sprachrohr nach außen ist der Pressesprecher auf Weisung des Krisenstabs, Multiplikator sind die Medien.
Was aber, wenn übliche Informationswege ausfallen? Notrufnummer tot, kein Bürgertelefon möglich, Leitstellen nicht erreichbar, und die Batterien fürs Radio sind nicht auffindbar. Was wäre, wenn es nur eine Not-Kommunikation gäbe: Ich bilde mit meinem Smartphone gemeinsam mit anderen, infrastrukturlos erreichbaren Smartphones ein dezentrales Netzwerk. Kann ich so jemanden um Hilfe bitten – oder Hilfe anbieten? Kann ich peer-to-peer meinen Sohn suchen, meine Freundin, meine Mutter? Und erreiche ich möglicherweise sogar mit ein bisschen Glück zwar keinen Krisenstab, auch keine Leitstelle, aber vielleicht einen Angehörigen meiner örtlichen Feuerwehr?
Welches (psychosoziale) Lagebild formen die Informationen, die andere von mir erhalten, vor dem Hintergrund ihrer Erwartungshaltung?
Hurricane Katrina, der 2005 u.a. New Orleans völlig zerstörte und rund 1800 Menschen das Leben kostete, hat uns nicht nur gezeigt, dass sich Betroffene sehr effektiv gegenseitig unterstützen. Er hat auch gezeigt, dass überholte Vorstellungen Menschen schädigen: Krisenmanager setzten aus Angst vor (kriminellen) Plünderungen Polizeikräfte zur Verfolgung ein, statt die Anstrengungen auf die Unterstützung der Überlebenden zu konzentrieren.
Die Lehre daraus: Jenseits aller technischen Machbarkeit ist zu ermitteln, welche Vorstellungen welche Handlungen unterstützen – in unserem Fall kommunikative Handlungen. Dies untersuchte nun eine Studie der Ostfalia-Hochschule für angewandte Wissenschaften in Kooperation mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) mit qualitativen Experteninterviews als Teilerhebung der sozialwissenschaftlichen smarter-Forschung. Befragt wurden zehn Feuerwehrmänner unterschiedlicher Hierarchiestufen aus vier verschiedenen Organisationen. Alle hatten Erfahrungen mit Großschadenslagen, acht von ihnen mit Spontanhelfern. Die Auswertung ergab u.a. folgende drei Kernergebnisse:
Die Interviews lassen ein tiefgreifendes Problem erkennen, das für Handlungsorientierungen nicht nur in Katastrophensituationen prägend ist: Die gesellschaftlichen Bereiche Bevölkerung und Bevölkerungsschutz scheinen in einer fatalen Laien-Experten-Dynamik immer weiter auseinanderzudriften – das, was die Forschung schon lange anmahnt, bestätigt sich hier erneut. Dem wachsenden Expertentum im Bevölkerungsschutz steht eine Bevölkerung gegenüber, die mit der Praxis der Katastrophenbewältigung kaum Erfahrungen hat. Die Verletzlichkeit der Systeme jedoch erfordert zwingend ein engeres Zusammenarbeiten – spätestens das Elbhochwasser 2013 hat gezeigt, dass die Abarbeitung großflächiger Lagen ohne die Selbsthilfefähigkeit der betroffenen Bevölkerung und die Unterstützung anreisender Spontanhelfer kaum möglich ist. Die verwaltungsnahe Feuerwehr handelt dabei regelhaft in Abläufen, die – jenseits aller immer notwendigen Improvisationen – je nach Lage mehr oder weniger differenziert festgelegt sind. Gleichzeitig sind die Einheiten in ihrer sozialen Struktur sehr homogen, mit klar definierten Gruppengrenzen nach außen. Die Bevölkerung dagegen – heterogen und multikulturell –, zeigt in Krisenlagen ein emergentes, spontanes und disparates Bewältigungshandeln, je nach Möglichkeiten und Ressourcen, die zur Verfügung stehen. Problem: Den professionellen Einsatzkräften erscheint dieses Verhalten chaotisch und (selbst-)gefährdend. Erlebt werden die zivilen Helfer als „eine völlig andere Welt“. Entsprechend existiert ein Steuerungs- und Führungsanspruch, der dem ureigenen Selbstverständnis der Experten in der Gefahrenabwehr entspringt: zu retten und zu schützen. Auch das als positiv erlebte Bewältigungsverhalten in realen Katastrophensituationen ändert nichts an dieser Haltung.
Was bedeutet diese zunehmende Distanz der gesellschaftlichen Bereiche für smarter? Kann eine peer-to-peer-Kommunikation unter diesen Vorzeichen partizipativ sein? Wie sind Kreativität und Eigeninitiative auf der einen mit dem Steuerungsanspruch auf der anderen Seite vereinbar?
Das Bundesministerium des Innern (BMI) empfiehlt in seinen Leitfäden zur Risiko- und Krisenkommunikation eine „Kommunikation auf Augenhöhe“ mit dem Bürger.
Davon ist der deutsche Bevölkerungsschutz noch weit entfernt. Die Praxis ist im Grundsatz – von allen situativen Ausnahmen abgesehen – instrumentell motiviert, nicht dialogisch. Gelingen kann eine smarter-Kommunikation zwischen den Systemen Bevölkerung – Verwaltung – Einsatzkräfte – jenseits aller technischen Machbarkeiten – jedoch nur partizipativ.
Im Laufe dieses Jahres folgen weitere Experteninterviews mit Angehörigen von THW, Feuerwehren, Hilfsorganisationen. Sie werden zeigen, wie belastbar die hier vorgestellten Ergebnisse sind, Kernstück einer Masterarbeit im Studiengang Sozialmanagement. Am Ende des sozialwissenschaftlichen Teilprojekts des BBK steht unter anderem die Formulierung von Handlungsempfehlungen, die sich an die professionellen Akteure des Bevölkerungsschutzes richten werden. Ziel: ein kommunikatives Zusammenrücken. Und damit: mehr Sicherheit.
Weitere Informationen: Nathalie Schopp, Bevölkerungsverhalten im Krisenfall – Deutungsmuster und Handlungsfolgen aus Sicht der Feuerwehren
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In Krisen und Katastrophen sind Informationen für Bevölkerung und Einsatzkräfte von grundlegender Bedeutung. Doch was ist, wenn bei Stromausfall kein Handynetz mehr verfügbar ist? In der August-Ausgabe des Behörden Spiegels erläutert
Nathalie Schopp, Autorin der Studie „Bevölkerungsverhalten aus Sicht der Feuerwehren“, einige Aspekte des Projekts smarter.
Die Autorin hebt die Bedeutung von Kommunikation gerade in Krisen und Katastrophen hervor. Außerdem beschreibt sie die Herausforderungen an Ad-hoc-Netzwerke, mit welchen sich das BMBF-Verbundforschungsprojekt smarter aus technischer, juristischer und sozialwissenschaftlicher Sicht auseinandersetzt. Zudem mahnt sie eine „smarter-Kommunikation“ auf Augenhöhe zwischen Bevölkerung und Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) an.
Nathalie Schopp: Wenn die Lichter ausgehen. Neuartige App ermöglicht Kommunikation auch bei Stromausfällen
In: Behörden Spiegel, August 2016, S. 43 (Download als pdf; 305KB).
Am 21. September 2016 ging der zweitägige 12. Europäische Katastrophenschutzkongress in Berlin zu Ende. Vertreter der verschiedenen Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen (wie Feuerwehr und THW), sowie aus Wirtschaft und Akademia waren anwesend, um aktuelle Probleme wie Gefahren und Katastrophenvorsorge bedingt durch den Klimawandel zu diskutieren. In den Vorträgen des Hauptprogramms wurde dabei wiederholt die Problematik der Verfügbarkeit von Kommunikationsmitteln thematisiert. Das BMBF-Verbundforschungsprojekt smarter war dabei in zwei Panels vertreten.
Panel A2 – Neue Technologien für den Bevölkerungsschutz
Das Panel „New technologies for Civil Protection“ (Neue Technologien für den Bevölkerungsschutz) am 20. September 2016 wurde moderiert von Ulf Langemeier, Leiter des Leitungsstabes bei der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW). Das smarter-Projekt wurde von Herrn Milan Schmittner, Mitarbeiter von Herrn Prof. Dr. Matthias Hollick im Fachbereich Secure Mobile Networking (SEEMOO) an der Technischen Universität Darmstadt, vorgestellt und mit den Fachforumsteilnehmern diskutiert.
Panel C4 – Forschung für die zivile Sicherheit
Ebenfalls vertreten war smarter auch im Panel „Forschung für die zivile Sicherheit – Neue Wege der Kommunikation im Krisenfall“, welches von Dr. Andreas Hoffknecht (VDI Technologiezentrum) moderiert wurde. Neben zwei weiteren BMBF-geförderten Projekten wurde das smarter-Projekt in diesem Fachforum von Dr. Jutta Helmerichs, Referatsleiterin Psychosoziales Krisenmanagement beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) gemeinsam mit Milan Schmittner (SEEMOO, Technische Universität Darmstadt) vorgestellt.
Allen drei vorgestellten Projekten gemein ist die Entwicklung einer App, die die Zivilbevölkerung mit in die Krisenbewältigung einbeziehen soll. Die anderen zwei Projekte (AHA und ENSURE) konzentrieren sich dabei auf die Integration von Spontanhelfern gestützt durch vorhandene Kommunikationsinfrastruktur (z.B. Mobilfunknetze), während smarter ein Kommunikationsmittel zur Selbsthilfe bei Netzausfall für die von der Krise betroffene Bevölkerung zur Verfügung stellen möchte.
In der anschließenden Diskussionsrunde wurden juristische Probleme bei der App-Nutzung sowie die technische Limitierung der von smarter genutzten Ad-hoc-Netzwerke angesprochen, für die im Projektkonsortium aktiv Lösungen gesucht und gefunden werden. Obwohl smarter als Forschungsprojekt zunächst die technische Machbarkeit zeigen möchte, so wurde auch das praktische Problem der App-Verteilung in der Bevölkerung angesprochen. Hierzu könnte über einen Erfahrungsaustausch mit anderen Projekten nachgedacht werden.
Weiterführende Links:
Webseite des Europäischen Katastrophenschutzkongresses
Statusmeldung des BBK (via Twitter)
Die ad-hoc-Umfrage zur Smartphonenutzung bei Stromausfall, die das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) beim Stromausfall in Hagen bei 30 Bürgerinnen und Bürgern durchführte, förderte keine grundlegende Überraschung zutage: Smartphones sind das zentrale Instrument, um in Krisen Informationen zu beschaffen, mit Verwandten und Freunden Kontakt aufzunehmen und Notrufe abzusetzen. Einige Antworten der Hagener Bevölkerung bringen die Behörde allerdings zum Nachdenken. So hat beispielsweise nur die Hälfte der Personen einen Sirenenalarm wahrgenommen; nur ein Viertel der Befragten kannte die Bedeutung des Alarms. Des Weiteren waren kaum einem der Befragten Ratgeber oder Hinweise zum richtigen Verhalten bei Stromausfällen bekannt.
Aufgrund eines Brandes im Umspannwerk Donnerkuhle gab es am 11.10.2016 ab 5.55 Uhr morgens einen Stromausfall in verschiedenen Stadtteilen im Süden von Hagen in Nordrhein-Westfalen. Mehr als 50.000 Haushalte hatten fast den gesamten Tag hindurch keinen Strom, das öffentliche Leben war teilweise lahmgelegt. Neben dem Ausfall von Ampelanlagen, Bahnen, Computeranlagen und des Festnetzes kam es auch zu einer Überlastung des Mobilfunknetzes. Etwa 300 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Arbeiter Samariter Bund, Johanniter, Malteser Hilfsdienst und Deutschem Roten Kreuz waren im Einsatz, zudem wurden die Polizeikräfte verstärkt. Die Bevölkerung wurde über verschiedene Kanäle (Radiomeldungen, Homepage der Stadt Hagen, Warn-App NINA, Social Media) gewarnt. Bis zum Ende des Tages war die Stromversorgung flächendeckend wiederhergestellt.
Einen Tag nach dem Stromausfall führten Mitarbeiter des BBK nach Abstimmung mit dem Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen und der Stadt Hagen 30 Gespräche mit Betroffenen des Stromausfalls. Hierzu wurden Passanten im Zentrum von Hagen und in den betroffenen Stadtteilen Boloh und Emst befragt. Auskunft gaben 10 Männer und 20 Frauen. Der Altersdurchschnitt betrug etwa 55 Jahre, die Dauer der Interviews lag bei ca. 6 Minuten.
Zentrale Fragestellung war, welche Bedeutung Smartphones für die Bevölkerung der vom Stromausfall betroffenen Stadtteile für die Kommunikation untereinander sowie mit Freunden und Bekannten und für die Information zur Schadenslage haben. Das Forschungsprojekt smarter befasst sich mit der Herstellung einer infrastruktur-unabhängigen Notfall-Kommunikation über Smartphones. Über verschiedene Basisfunktionen sollen Betroffene bei Ausfall des Mobilfunknetzes untereinander und auch mit den Katastrophenschutzbehörden kommunizieren können.
Für die Umfrage in Hagen wurde ein Leitfaden mit 15 Fragen zusammengestellt. Neben allgemeinen Fragen zu den Auswirkungen des Stromausfalls auf den Alltag der Menschen enthielt er Fragen zu Funktionen der geplanten Notfall-Kommunikation.
Die Ergebnisse auf einen Blick:
Das Smartphone stellt das zentrale Kommunikations- und Informationsinstrument dar. Sowohl bei der Beschaffung von Informationen über Websites, für Anrufe oder Textnachrich-ten mit anderen, als auch für den Fall, einen Notruf absetzen zu müssen, spielte das Mobilte-lefon für die Befragten eine entscheidende Rolle.
Die Bedeutung der Sirenensignale ist nicht allen Betroffenen klar. Hinsichtlich des Sirenenalarms berichteten 50% der Personen, einen Alarm wahrgenommen zu haben. Nur ein Viertel der Befragten wusste über die Bedeutung des Alarms (Feueralarm; Alarmierung der Feuerwehren) Bescheid.
Die Alltagsroutinen der Betroffenen waren eingeschränkt. Der Ausfall der Haustechnik (Licht, Heizung oder Rollladen) und der Haushaltsgeräte (Kaffeemaschine, Computer, Festnetztelefon etc.) unterbrach alltägliche Routinen. An dieser Stelle versuchten sich die Betroffenen beispielsweise mit dem Einsatz von Kerzen oder Taschenlampen zu helfen.
In den meisten Fällen war Smartphone-basierte Kommunikation mit Verwandten und Freunden weiterhin möglich. Auf die Frage nach Kommunikationsmöglichkeiten bei einem längeren, flächendeckenderen Stromausfall und dem damit verbundenen Komplettausfall des Mobilfunknetzes, wussten die Befragten keine Alternative zur gewohnten Smartphone-Kommunikation.
Behördeninformationen wurden kaum wahrgenommen. 57 % der Befragten antworteten, dass sie keine Informationen der Behörden mitbekommen hätten. Bei Medienmeldungen war für die Betroffenen häufig unklar, ob es sich dabei um Informationen aus behördlichem Ursprung handelte.
Besitzer von Smartphones waren für längeren Stromausfall nicht gerüstet. Zwei Drittel der Befragten verneinten es, in der Lage zu sein, ihr Smartphone mit einer Powerbank, einem Solarpanel oder einem Dynamo-Ladegerät längerfristig mit Strom versorgen zu können. Lediglich vier Personen besaßen einen Zusatzakku.
Das Vertrauen in die Smartphones war nicht erschüttert. Über 50 % der Betroffenen sagten, dass sie im Fall eines Notfalls über das Smartphone Hilfe gerufen hätten.
Bei Ausfall des Mobilfunknetzes hat die Hilfe in der Nachbarschaft einen hohen Stellenwert. Zahlreiche Befragte gaben an, Informationen zum Stromausfall von Nachbarn erhalten zu haben. Vom Mobilfunknetzausfall betroffene Personen gaben an, Hilfe in der Nachbarschaft zu suchen.
Behördliche Hinweise zum Verhalten bei Stromausfall sind wenig bekannt. Keinem der Befragten waren Ratgeber oder Hinweise zum richtigen Verhalten bei Stromausfällen bekannt.
Wenngleich die Umfrage nicht repräsentativ ist, und die Schadenslage Stromausfall hier nicht mit gravierenden Personen- und Sachschäden verbunden war, sondern lediglich Einschränkungen in den alltäglichen Abläufen mit sich brachte, sind ihre Ergebnisse für die Bevölkerungsschutzbehörde sehr aufschlussreich: Sehr deutlich wurde die hohe Relevanz von Smartphones zur Informationsbeschaffung und Kommunikation für die Bevölkerung bei einer Krise. Dies reicht von der einfachen Informationsbeschaffung zur Lage über die Organisation des Alltags durch veränderte Routinen bis hin zu Hilferufen. Aber auch der hohe Stellenwert von gegenseitiger Hilfeleistung und nachbarschaftlicher Hilfe war erkennbar.
Für das BBK-Forschungsprojekt zur Smartphone-basierten Notfallkommunikation lässt sich schlussfolgern, dass Basis-Funktionen wie „Nachrichtenaustausch“, „aktuelle Informationen der Katastrophenschutzbehörden für die betroffene Bevölkerung“, „Hilferuf“ oder auch „Hinweise für das richtige Verhalten bei einem Stromausfall“ von eminenter Bedeutung sind.
Weitere Informationen:
Alltagsroutinen bei Stromausfall – Ergebnisse einer BürgerInnenbefragung beim mehrstündigungen Stromausfall in Hagen (Nordrhein-Westfalen) im Oktober 2016
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In der Zeitschrift Städte- und Gemeinderat, dem monatlich erscheinenden Verbandsorgan des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen, berichtet Martin Lehrer in der Januar-Februar-Ausgabe 2017 über Smartphone-Apps für Warnungen und Notrufe. Hierbei erwähnt er auch das BMBF-Verbundforschungsprojekt smarter.
Lehrer berichtet über die laufenden wissenschaftlichen Forschungen im Projekt smarter und führt die multidisziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen Projektpartner an. Auch die für Sommer 2017 geplante Feldübung zur Erprobung der smarter-Technik zur Bildung eines ad-hoc-Kommunikationsnetzes bei Stromausfall wird hierbei angesprochen.
Martin Lehrer: Achtung, Achtung. Viele Helferlein für Warnung und Notruf.
In: STÄDTE- UND GEMEINDERAT, Januar-Februar 2017, S. 23–25 (Download als pdf; 508KB).
In der Ausgabe 1/2017 der Zeitschrift Bevölkerungsschutz, welche vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) herausgegeben wird, widmen sich zwei Artikel Forschungsthemen aus dem Verbundforschungsprojekt smarter.
Der Artikel „Man muss wahrscheinlich komplett umdenken“ von Nathalie Schopp widmet sich den Ergebnissen einer Befragung der Feuerwehren, welche im Rahmen des BMBF-Verbundprojektes „smarter“ von der Autorin durchgeführt wurde. Schopp geht der Frage nach: Wie nehmen Feuerwehren Bevölkerungsverhalten wahr?
(Bevölkerungsschutz 1/2017, S. 3f).
Die Autoren Christoph Groneberg, Vitali Heidt, Thomas Knoch und Jutta Helmerichs veröffentlichen und dem Titel „Analyse internationaler Bevölkerungsschutz-Apps“ die Ergebnisse einer Begleitstudie zu NINA und smarter. Für diese Analyse international am Markt befindlicher Bevölkerungsschutz-Apps wurde ein eigenes Verfahren zur qualitativen und quantitativen Auswertung von Apps entwickelt, da es dieses bisher nicht gab.
(Bevölkerungsschutz 1/2017, S. 5–10)
Bevölkerungsschutz 1/2017
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Brechen ein Unglück oder eine Katastrophe herein, werden die Betroffenen mit zahlreichen Empfehlungen zum richtigen Verhalten konfrontiert. Diese Hinweise beziehen sich häufig auf protektive Maßnahmen, die vor, während oder im Nachgang einer Schadenslage getroffen werden können und sollten.
Im Rahmen des Projektes smarter wurde eine Analyse unter Berücksichtigung der sprachlichen und grafischen Gestaltung von Verhaltenshinweisen zu den für das Projekt relevanten Szenarien Sturm, Stromausfall, chemisch, biologische, radiologische und nukleare Unglücke (CBRN-Unglücke) und Massenanfall von Verletzten (MANV) durchgeführt. Ziel dieser Analyse war es, Empfehlungen abzuleiten, auf deren Grundlage eigene Verhaltenshinweise für die smarter-App generiert werden können.
Weitere Informationen:
Rike Richwin, Bitte verhalten Sie sich richtig! Ergebnisse einer Best-Practice-Untersuchung zur Gestaltung von Verhaltenshinweisen für die Bevölkerung
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In Krisen und Katastrophen erleben die Bevölkerung und Einsatzkräfte belastende Phasen. Vielfach werden dann Hilflosigkeit, Überforderung und Aggression als „typisches Verhalten“ der Bevölkerung angenommen. Befragte Vertreter von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben kommen jedoch zu einem anderen Schluss, nämlich, dass die Hilfsbereitschaft überwiegt.
Im Rahmen des BMBF-geförderten Verbundprojektes smarter wurde eine leitfadengestützte Befragung mit elf Vertretern von Feuerwehren und Hilfsorganisationen durchgeführt. Das Ziel war, die Erfahrungen der Einsatzkräfte mit dem Verhalten und der Interaktion mit der Bevölkerung in Großschadenslagen zu erfassen. Dabei wurden ebenso relevante Aspekte des Informationsbedarfs, der Selbsthilfekompetenz und der Mediennutzung angesprochen. Darüber hinaus identifizierten die Interviewpartnern Gruppen mit besonderem Unterstützungsbedarf. Die Ergebnisse zeigen, dass eine hohe Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung vorherrscht. Gleichwohl gibt es noch Optimierungs- und Abstimmungsbedarf, wie diese in die Gefahrenabwehr eingebunden werden kann.
Weitere Informationen:
Vitali Heidt, „Es überwiegt die Hilfsbereitschaft“. Ergebnisse einer Expertenbefragung mit Vertretern von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
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Ein Stromausfall, der auch noch länger anhält, hat häufig weit reichende Konsequenzen für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen sowie für Behörden. Betroffen ist dann auch die Kommunikation, die vermehrt über Breitbandtechnologien und das Internet abläuft.
Diese Literaturstudie, die im BMBF-geförderten Verbundprojekt smarter entstanden ist, hat das Ziel gehabt, Fragen zum Smartphone-Nutzungsverhalten zu beantworten. Im Folgenden wird daher eine Übersicht zur Verbreitung von Smartphones innerhalb der Bevölkerung und den Nutzungsmustern geboten. Weiterhin wird ein Überblick über das Breitbandnetz in Deutschland sowie die potentiellen Folgen eines Stromausfalls für das deutsche Mobilfunknetz gewährt. Festzuhalten ist hier bereits, dass die Datenlage zuverlässige und eindeutige Aussagen (noch) nicht zulässt, wesentliche Ableitungen, z.B. dass bei Jugendlichen bereits eine Vollversorgung mit Smartphones exisiert, können jedoch getroffen und im smarter-Projekt umgesetzt werden.
Weitere Informationen:
Christoph Groneberg, Smartphone-Nutzungsverhalten. Ergebnisse einer Literaturrecherche
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Am 2. September 2017 fand der Praxistest der smarter-Technik statt. Daran nahmen 125 Probanden teil, die die Technik in einem fiktiven Stormausfall auf Stärken und Schwächen testeten und dabei verschiedene Aufgaben erledigten. Zusätzlich zum Stromausfall waren die Probanden weiteren, fiktiven Bedrohungslagen ausgesetzt, z.B. einem Blitzeinschlag und einem Gasaustritt, bei denen auch Verletztendarsteller und professionelle Schauspieler zum Einsatz kamen.
Die Ergebnisse der Feldübung sowie der anderen Arbeiten im Verbundforschungsprojekt smarter werden am 20. Oktober 2017 bei einem Pressegespräch in der TU Darmstadt und am 30. Januar 2018 auf der in Berlin stattfindenden Abschlussveranstaltung des Projektes vorgestellt.
Weitere Informationen und Eindrücke sowie Bilder zum Praxistest finden sich in dem Artikel
Feldübung: Erfolgreicher Praxistest und hohe Nutzerakzeptanz im Projekt smarter.
Die Einladung zum gemeinsamen Pressegespräch an der TU Darmstadt am 20.10.2017 stieß auf ein hohes Interesse bei den Medienvertretern. Grund dafür war nicht nur die Vorstellung der erarbeiteten Projektinhalte sowie der ersten Ergebnisse zur Feldübung des Projektes, sondern auch die Möglichkeit, den entwickelten App-Demonstrator in einem Live-Test zu erproben. Bei diesem Live-Test konnten die Journalisten die Funktionsweise der Technik und die Bedienbarkeit hautnah erleben, da Freiwillige anschaulich einen Notfall im Rahmen des Pressegesprächs simulierten.
Ein Zeugnis von der hohen Resonanz zum Projekt smarter ist die umfangreiche Berichterstattung, die im Nachgang zu dem Pressetermin erfolgte. Hier folgt eine Auswahl:
Großschadenslagen stellen alle Beteiligten vor große Herausforderungen: Infrastruktur, Sachwerte und teils auch Menschenleben sind gefährdet. Das führt zu angespannten Situationen auf verschiedenen Ebenen. Dabei wird häufig angenommen, dass insbesondere unübersichtliche (Groß-) Schadenslagen zu deliquentem Verhalten führen. Wissenschaftliche und empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass Menschen in Krisen und Katastrophen eine hohe Hilfsbereitschaft aufweisen. Das ist auch das Resultat hinsichtlich vergangener Großschadenslagen in Deutschland.
Im Projekt smarter wurde eine Literaturstudie zu den naturbedingten Großschadenslagen der letzten 50 Jahre in Deutschland durchgeführt. Damit sollte zum einen betrachtet werden, wie sich die Bevölkerung in Großschadenslagen verhält, und zum anderen, welche Interaktion zwischen den BOS und der Bevölkerung in diesen Lagen entsteht. Hier muss bereits beachtet werden, dass es „die Bevölkerung“ so nicht gibt, sondern diese aus vielen sozialen Gruppierungen besteht. Wichtiger ist jedoch, dass bei Menschen in Schadenslagen eine Neupriorisierung von Bedarfen und Handlungsorientierungen entsteht, dabei aber verstärkt prosoziales Verhalten fördert. Dies äußert sich auch bei verschiedenen, dargestellten Großschadenslagen, bei denen BOS und Bevölkerung sich gegenseitig unterstützten.
Weitere Informationen:
Vitali Heidt, Bevölkerungsverhalten in Krisen und Katastrophen. Eine Auswertung naturbedingter Großschadenslagen der letzten fünfzig Jahre in Deutschland
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Im September 2017 wurde bei der Feldübung im smarter-Projekt die Technik unter realitätsnahen Bedingungen zum Einsatz getestet. Zugleich wurden während und nach der Übung mittels unterschiedlicher Methoden Daten gesammelt. Anhand dieser Daten ist eine umfassende und systematische Evaluation des Verhaltens, der Wahrnehmung und der Techniknutzung der Probanden möglich. Hierfür wurden die Probanden während der Feldübung beobachtet und nach der Feldübung mittels eines mehrseitigen Fragebogens und in Kurzinterviews befragt.
So war die Probandengruppe zwar jünger, und somit vermutlich technikaffiner, als der Bevölkerungsdurchschnitt. Gleichzeitig zeigte sich, dass die Nützlichkeit der smarter-App von älteren Probanden als höher bewertet wurde als von jüngeren. Dies lässt auf einen höheren Erfahrungsschatz mit Katastrophensituationen schließen. Dessen ungeachtet würden sich mehr also zwei Drittel der Probanden eine Katastrophenschutz-App installieren – auch wenn diese nur im Notfall zu nutzen wäre.
Diese und weitere Informationen finden sich unter :
Simon Klos, Sozialwissenschaftliche Evaluation der Feldübung. Ergebnisse quantitativer und qualitativer Erhebungen der smarter-Feldübung im September 2017
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Eine umfangreiche Online-Befragung wurde im Zeitraum Februar bis Juni 2017 bei der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk und den Feuerwehren Frankfurt und Darmstadt durchgeführt. In die Auswertung floßen die Daten von 225 Einsatzkräften, die zum Bevölkerungsverhalten in Großschadenslagen befragt wurden. Dabei wurden sowohl gemachte Erfahrungen als auch perspektivische Erwartungen mit betroffener Bevölkerung abgefragt.
Dabei zeigte sich, dass die Einsatzkräfte antisoziales Verhalten signifikant weniger häufig beobachteten als prosoziales Verhalten, z.B. das Befüllen von Sandsäcken in Hochwasserlagen. Ein wichtiger Faktor war dabei, ob die Einsatzkräfte bereits Erfahrungen in Großschadenslagen hatten. Waren Einsatzkräfte bisher nicht Großschadenslagen tätig, so wurde antisoziales häufiger erwartet also von jenen Einsatzkräften, die bereits Großschadenslagen erlebt haben und aus ihrer Erfahrung das Bevölkerungsverhalten einschätzen.
Diese wichtigen Implikationen und weitere Ergebnisse finden Sie unter:
Simon Klos, Erfahrungen aus THW und Feuerwehren zum Bevölkerungsverhalten in Großschadenslagen. Forschungsergebnisse einer Onlinebefragung
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Die umfassende Studien zur Nutzung von mobilen und sozialen Medien in Krisen und Katastrophen verdeutlicht, welche Metatrends sich jeweils in Abhängigkeit der Schadenslage abzeichnen. Dazu wurden verschiedene Großschadenslagen untersucht, darunter Infrastrukturausfälle (mehrstündinger Stromausfall), Naturkatastrophen (Überschwemmungen, Hurricanes und Erdbeben) sowie gesellschaftspolitische Ereignisse (Terroranschläge, Bevölkerungsproteste).
Es ließen sich ereignisabhängige Nutzungsmuster als auch ereignisunabhängige Metatrends identifizieren. Ein Rückgriff auf diese könnte sich als sinnvoll erweisen, um die Folgen von Schadensereignissen zu reduzieren. Hierzu sind jedoch weitere Maßnahmen, wie z.B. Forschungsprojekte und die Fruchtbarmachung durch Akteure des Bevölkerungsschutzes nötig.
Die Studien mit weiteren Detailergebnissen finden Sie unter:
Groneberg, Christoph, Texting – Liking – Sharing. Mobile und soziale Medien in Krisen und Katastrophen: Metatrends in der Anwendung von von Smartphones und Sozialen Medien
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Am 30. Januar 2018 wurden die Ergebnisse des smarter-Projekts im Rahmen einer Abschlusskonferenz in Berlin vorgestellt.
Stromausfall, Hackerangriff, Naturkatastrophe – das Mobilfunknetz ist verwundbar und kann schnell zusammenbrechen. Doch gerade für in Not geratene Menschen ist es am wichtigsten, Hilfe anzufordern, Informationen zu recherchieren und Kontakt zu Angehörigen aufzunehmen – in Zeiten mobiler und sozialer Medien über das Smartphone. Wie im Krisen- und Katastrophenfall ohne Mobilfunknetz trotzdem mit dem Smartphone kommuniziert werden kann, untersuchte das smarter-Projekt. smarter steht für Smartphone-based Communication Networks for Emergency Response.